
Es war ein Mittwoch wie jeder andere – bis plötzlich die Glocken der Stiftskirche ihr eigenes Konzert anstimmten. Kein Feiertag, kein Gottesdienst, kein feierlicher Anlass. Einfach so.
Verwunderung machte sich breit. Eine himmlische Botschaft?
Des Rätsels Lösung war jedoch profaner Natur: Das Glockengeläut ist schlichtweg defekt. Nun ist wieder Ruhe eingekehrt – allerdings etwas zu viel davon. Denn sowohl die Glocken als auch die Uhr der Stiftskirche haben sich gleich ganz verabschiedet.
Wer nun hofft, die Liebfrauenkirche könne für akustische und chronologische Orientierung sorgen, wird enttäuscht. Dort bleibt es ebenso stumm und zeitlos. Wegen der laufenden Baumaßnahmen wurde die Stromzufuhr unterbrochen – und das noch bis Ende März. Bis dahin sind die Bewohner auf alternative Methoden der Zeitmessung angewiesen. Eine Sonnenuhr? Ein Himmelsblick? Oder doch der prüfende Blick aufs Smartphone?
Zumindest bleibt die evangelische Kirche als letzter Hort der Zeitansage. Ob sie sich dieser Verantwortung bewusst ist? Bis dahin bleibt uns nur, geduldig zu warten – oder uns daran zu erinnern, dass es früher auch ohne Glocken und Uhren ging. Irgendwie.
Susanne Tepel